Der rechtliche Hintergrund für das Betreten der Wohnung


Der rechtliche Hintergrund für das Betreten der Wohnung

Wenn der Vermieter die Wohnung betreten möchte, obwohl der Mieter ihn nicht einlassen will, braucht er hierzu ein wirksames vertragliches oder ein spezielles gesetzliches Zutrittsrecht.


Eine Übersicht der vertraglichen und gesetzlichen Zutrittsrechte:

a) Vertragliches Zutrittsrecht
b) Gesetzliche Zutrittsrechte
aa) Duldung von Erhaltungsmaßnahmen § 551a BGB
bb) Duldung von Modernisierungsmaßnahmen § 551d BGB
cc) Notfall § 229 BGB
cc) Treu und Glauben § 242 BGB
c) Kein Besichtigungsrecht: Eigentum

a) wirksame Zutritts- und Besichtigungsklausel im Mietvertrag

Mieter und Vermieter können ein Zutritts- und Besichtigungsrecht des Vermieters im Mietvertrag in einer entsprechenden Klausel vereinbaren.
Die vertragliche Klausel verpflichtet den Mieter nur dann zur Duldung des Zutritts, wenn sie wirksam ist. Unwirksam sind vertragliche Klauseln, die gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen, oder die einer AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) nicht standhalten würden.
Die Rechtsprechung ist hinsichtlich der Frage über die Wirksamkeit solcher Klauseln nicht einheitlich. Einige Gerichte halten Klauseln für wirksam, die dem Vermieter ein anlassloses Besichtigungsrecht einräumen, wenn die Klausel das Besichtigungsrecht nur sehr zurückhaltend (etwa: alle zwei Jahre) und nur nach Vorankündigung gewährt (AG Münster – 18.12.2008 – 6 C 4949/08). Der Bundesgerichtshof dagegen hält vertragliche Klauseln für unwirksam, die dem Vermieter ein anlassloses Besichtigungsrecht einräumen, weil solche Klauseln den Mieter nach § 307 BGB unangemessen benachteiligen (BGH, Urteil vom 04. Juni 2014 – VIII ZR 289/13).

b) gesetzliche Zutritts- und Besichtigungsrechte

aa) Erhaltungsmaßnahmen § 555a BGB
Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters verpflichten den Mieter zur Duldung. Zur Duldung gehört auch, dass der Mieter dem Vermieter den Zutritt zu seiner Wohnung ermöglicht, wenn der Zutritt erforderlich ist um die Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Zu den Erhaltungsmaßnahmen gehören sowohl die Instandsetzungs- als auch die Instandhaltungsmaßnahmen. Dies sind Maßnahmen, die entweder einen Schaden an dem Gebäude beheben sollen, oder solche die verhindern sollen, dass ein Schaden überhaupt erst entsteht. Erhaltungsmaßnahmen muss der Vermieter nach § 555a Abs.2 BGB rechtzeitig ankündigen, es sei denn es handelt sich um Bagatellen oder Notfälle. Die Ankündigung bezieht sich auf die Maßnahme selbst. Den Zutritt zu der Wohnung dagegen muss der Vermieter immer vorankündigen.

Beispielsfall:
Fall: Der Vermieter möchte in dem Mietshaus die alte, mittlerweile fehlerhafte Klingelanlage ersetzen. Hierzu muss er kurzzeitig den Empfangsraum der jeweiligen Mietwohnungen betreten um den Bildschirm und die Gegensprechanlage der neuen Klingelanlage für jede der Mietwohnungen zu installieren.
Lösung: Der Vermieter hat hier ein gesetzliches Zutrittsrecht, den § 555a BGB. Der Mieter muss dem Vermieter den Zutritt zu seiner Wohnung gewähren, weil der Einbau der Klingelanlage eine Erhaltungsmaßnahme ist, die den Mieter zur Duldung verpflichtet. Übrigens handelt es sich hierbei um einen aus der Rechtsprechung bekannten Bagatellfall im Sinne des § 555a II BGB, der Vermieter müsste die Maßnahme also streng genommen noch nicht einmal im Voraus ankündigen. Seinen Zutritt zu der Wohnung muss er aber immer ankündigen.


bb) Modernisierungsmaßnahmen § 555d BGB
Modernisierungsmaßnahmen nach § 555d BGB verpflichten den Mieter zur Duldung, wozu auch gehört, dass der Mieter den Vermieter oder dessen Handwerker in seine Wohnung einlässt.
Modernisierungsmaßnahmen sind nach § 555b Maßnahmen, durch welche die Mietwohnungen in ihrer Wohnqualität verbessert werden. Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen durch welche der Wasserverbrauch gesenkt oder Energie eingespart werden kann. Modernisierungsmaßnahmen können zu einer Mieterhöhung führen. Daher gibt es bei Modernisierungsmaßnahmen einige Besonderheiten zu beachten.Der Gesetzgeber hat dem Vermieter eine Informationspflicht auferlegt. Der Mieter muss mindestens drei Monate vor der geplanten Maßnahme recht detailliert nach § 555c BGB über die geplante Modernisierungsmaßnahme informiert werden. Der Grund für diese Informationspflicht liegt darin, dass der Mieter nach § 555 Abs.3 BGB der Modernisierung widersprechen kann, um der Mieterhöhung zu entgehen. Wenn der Mieter die Arbeiten dagegen einfach geschehen lässt, kann er sich im Nachhinein kaum noch gegen die Mieterhöhung durch Modernisierungsmaßnahmen wehren. Daher ist es wichtig, dass der Mieter den Vermieter oder seine Handwerker nur dann in die Wohnung lässt, wenn er mit der Modernisierung einverstanden ist und rechtzeitig und ordnungsgemäß informiert wurde.

Beispielsfall:
Fall: Der Mieter arbeitet von zu Hause aus. An einem Montagmorgen gegen 10.00 Uhr klingeln plötzlich einige Handwerker an seiner Tür. Sie erklären ihm, dass sie vom Vermieter damit beauftragt worden sind spezielle schalldämmende Fensterscheiben einzubauen. Die Fenster haben sie dabei und ihr Zeitplan ist sehr eng. Sie wollen heute noch mit den Mietwohnungen Erdgeschoss bis zweites Obergeschoss fertig werden, da sie ansonsten den Zeitplan nicht einhalten können. Falls sie nicht rechtzeitig fertig werden, können dem Mieter finanzielle Nachteile entstehen, da der Einbau der Fenster sich dann erheblich verteuert und der Vermieter sich die Mehrkosten als Schadenersatz von dem Mieter zurückholen könnte. Der Mieter ist völlig überrumpelt. Er antwortet den Handwerkern, dass er von dem Vermieter nicht informiert worden ist und daher nichts von schalldämmenden Fenstern weiß. Die Handwerker wenden ein, dass in diesem Fall der Mieter am besten selbst den Kontakt zum Vermieter suchen und einfach nachfragen sollte. In der Zwischenzeit kann der Mieter ja schon mal die Handwerker in die Wohnung lassen, damit sie die Fenster einbauen können.
Lösung: Der Mieter muss die Handwerker nicht nach § 555d BGB in die Wohnung lassen. Er darf ihnen den Zutritt zu seiner Wohnung verweigern. Zwar handelt es sich bei dem Einbau von schalldämmenden Fenstern um eine Modernisierungsmaßnahme, allerdings hat hier der Vermieter den Einbau der Fenster nicht mindestens drei Monate im Vorausangekündigt. Die dreimonatige Vorankündigung der Baumaßnahme ist jedoch eine Mindestvoraussetzung, damit der Mieter den Zutritt überhaupt nach § 555d BGB dulden muss. Der Mieter sollte sich hier nicht überrumpeln lassen. Wenn er die Handwerker in die Wohnung lässt, kann er sich später nicht mehr gegen die mit der Modernisierung einhergehende Mieterhöhung wehren.Mit dem Einlass der Handwerker erklärt sich der Mieter durch sein Verhalten mit der Modernisierung und damit auch mit der späteren Mieterhöhung einverstanden. Selbst dann, wenn er vorher nicht rechtzeitig über die Modernisierungsmaßnahme informiert worden ist.


cc) Notfall: § 229 BGB
In Notfällen darf der Vermieter nach § 229 BGB sog. Selbsthilfe leisten. Er darf die Wohnung eigenmächtig betreten um einen drohenden Schaden für die Wohnung oder die Mieter abzuwenden.
Allerdings setzt § 229 BGB voraus, dass obrigkeitliche Hilfe nicht mehr rechtzeitig zu erlangen ist und ohne ein sofortiges Einschreiten (des Vermieters) ein bestehender Anspruch nicht mehr verwirklicht werden kann. Polizei und Feuerwehr zählen ebenso wie der Notarzt aber auch die Gerichte zur obrigkeitlichen Hilfe, an die man sich wenden muss, bevor man Selbsthilfe leisten kann. Nur bei Gefahr im Verzug, wenn die Zeit noch nicht einmal reicht, um die Feuerwehr zur Hilfe zu rufen, ist Selbsthilfe zulässig.

Beispielsfall:
Fall: Bei dem Vermieter häufen sich Beschwerden seiner Mieter, dass in dem Hausflur ein strenger Geruch herrscht. Der Geruch kommt aus einer Wohnung im Erdgeschoss. Der Mieter der betreffenden Wohnung reagiert nicht auf das Klingeln an der Wohnungstür. Die anderen Mieter haben den Mieter seit längerer Zeit nicht mehr gesehen. In seinem Briefkasten stapeln sich seit Wochen die Briefe und Werbeprospekte. Die anderen Mieter machen sich Sorgen, dass dem Mieter im Erdgeschoss etwas zugestoßen sein könnte.
Lösung: In diesem Fall darf der Vermieter die Wohnung nicht eigenmächtig öffnen, selbst wenn er nur helfen möchte. Es besteht zwar der begründete Verdacht, dass mit der Wohnung etwas nicht stimmt,im schlimmsten Fall sogar dem Mieter tatsächlich etwas zugestoßen ist, allerdings fehlt es an Anzeichen, dass hier Gefahr im Verzug vorliegt. Der Vermieter muss zunächst die Polizei rufen und der Polizei seinen Verdacht mitteilen. Die Polizeibeamten können die Wohnung dann nach § 41 PolG NRW betreten.


Die Voraussetzungen die gegeben sein müssen, damit Selbsthilfe zulässig ist, sind sehr streng. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, haftet der Vermieter verschuldensunabhängig für sämtliche Schäden die er im Rahmen seiner irrtümlichen Selbsthilfe verursacht hat, wie dieser Fall zeigt.

dd) Besondere Umstände – Treu und Glauben § 242 BGB
Wenn der Mietvertrag keine Besichtigungsklausel enthält, der Vermieter weder Erhaltungs- noch Modernisierungsmaßnahmen vornehmen möchte und auch kein Notfall vorliegt, bleibt dem Vermieter als gesetzliches Zutrittsrecht nur noch der § 242 BGB übrig. Diese sehr allgemeine Vorschrift zwingt die Vertragspartner dazu, bei der Ausübung ihrer Rechte und Pflichten die entgegenstehenden Interessen genau abzuwägen.

Mieter und Vermieter müssen grundsätzlich die Interessen des jeweils Anderen achten und in Ihre Überlegungen mit einbeziehen. Der Mieter hat ein nachvollziehbares Interesse an seiner Privatsphäre und ein vertragliches Besitzrecht an seiner Wohnung. Der Vermieter hat ein ebenso nachvollziehbares Interesse daran sein Eigentum zu pflegen und die übrigen Mieter vor Gefahren zu schützen.

Im Einzelfall müssen die entgegenstehenden Interessen von Mieter und Vermieter mit Pro und Kontra Argumenten so lange gegeneinander abgewogen werden, bis ein Interesse das Andere überwiegt.

Der Vermieter kann nach § 242 BGB die Wohnung betreten, wenn er neuen Mietinteressenten die Räumlichkeiten zeigen will. In diesem aus der Praxis bekannten Fall überwiegt das Vermieterinteresse das Interesse des Mieters an seiner Privatsphäre und seinem vertraglichen Besitz.

Wichtig ist, dass der Vermieter einen konkreten, nachprüfbaren und sachlichen Grund haben muss, um die Wohnung zu betreten.

Hierzu aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung:

Zitat:
Während der Dauer des Mietvertrags ist das alleinige und uneingeschränkte Gebrauchsrecht an der Wohnung dem Mieter zugewiesen. Zudem steht die Wohnung des Mieters als die räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet, unter dem Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG, der das Recht gewährleistet, in diesen Räumen "in Ruhe gelassen zu werden" (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Mai 1993 - 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1, 23, sowie vom 16. Januar 2004 - 1 BvR 2285/03,NZM 2004, 186, 187)…

Vielmehr besteht eine vertragliche, aus § 242 BGB herzuleitende Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter - nach entsprechender Vorankündigung - den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, nur dann, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt, der sich zum Beispiel aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objektes ergeben kann (LG München II, ZMR 2009, 371; LG Hamburg, WuM 1994, 425; AG Bonn, NZM 2006, 698; MünchKommBGB/Häublein, BGB, 6. Aufl., § 535 Rn. 134 ff.; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, § 535 Rn. 98; Soergel/ Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 535 Rn. 43; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 11. Aufl., § 535 BGB Rn. 206; BeckOK/Ehlert, Stand Mai 2014, § 535 Rn. 218b) (zitiert aus: BGH, Urteil vom 04. Juni 2014 – VIII ZR 289/13)
Zitatende

Beispielsfall:
Fall: Der Vermieter eines Mehrparteienhauses schaut sich im Fernsehen einen etwas reißerischen Bericht über Mietnomaden an, der ihn sichtlich erschüttert zurücklässt. Er fragt sich, ob es unter seinen Mietern auch solche Mietnomaden gibt, welche ihre Wohnung verwahrlosen lassen. Da sich seine Mieter bisher völlig unauffällig verhalten, kann der Vermieter seinen Verdacht nur auf seine Ängste stützen, welche durch den Bericht im Fernsehen hervorgerufen wurden. Er fordert alle seine Mieter in einem Rundbrief auf ihm sofortigen Zutritt zu gewähren, damit er kontrollieren kann, ob sich die Wohnungen in einem vertragsgemäßen Zustand befinden.
Lösung: Der Vermieter hat kein Zutrittsrecht nach § 242 BGB. Es fehlt bereits an einem konkreten sachlichen Grund und damit an einem Interesse auf Vermieterseite. Die Mieter verhalten sich völlig unauffällig. Es gibt keine nachprüfbaren Tatsachen welche den Verdacht des Vermieters rechtfertigen würden, sondern nur dessen diffuse Ängste. Anders wäre es, wenn zum Beispiel das Ordnungsamt bereits gegen einen der Mieter ein ordnungsbehördliches Verfahren wegen der Verwahrlosung einer Wohnung eingeleitet hätte.

d) Kein Zutritts- und Besichtigungsrecht: Eigentum
Einige Vermieter glauben, als Eigentümer der Wohnung hätten sie automatisch auch das Recht die vermietete Wohnung jederzeit zu betreten. Schließlich sind sie ja trotz des Mietvertrages nach wie vor Eigentümer der Wohnung. Ein grober Irrtum. Durch den Mietvertrag übertragen sie das jederzeitige Besichtigungs- und Zutrittsrecht auf den Mieter der Wohnung. Nur der Mieter darf darüber entscheiden, wer seine Wohnung betreten darf und wer draußen bleiben muss.

Zur Erklärung:

Eigentümer ist, salopp gesagt, wem eine Sache gehört. Besitzer ist dagegen derjenige, der eine Sache in seiner Gewalt hat, gleichgültig ob sie ihm nun gehört oder nicht. Der Dieb einer Sache ist der Besitzer dieser Sache nicht jedoch ihr Eigentümer.

Bei Besitzern kann man noch feiner unterscheiden: Zwischen den sog. berechtigten Besitzern und den nicht berechtigten Besitzern. Berechtigte Besitzer, sind solche Besitzer, die ein vertragliches oder gesetzliches Recht zum Besitz der Sache haben. Nichtberechtigte Besitzer haben die Sache lediglich in ihrer Gewalt, ohne dass sie sich zu ihrer Rechtfertigung auf einen Vertrag oder ein Gesetz berufen können.

Diese Unterscheidung wird wichtig, wenn der Eigentümer seine Sache wieder zurückverlangt. Der nicht berechtigte Besitzer muss die Sache ohne weiteres an den Eigentümer herausgeben. Der berechtigte Besitzer kann dem Eigentümer den § 986 Absatz 2 BGB entgegen halten und die Herausgabe der Sache verweigern.

Hat der Mieter mit dem Vermieter einen wirksamen Mietvertrag geschlossen, dann wird der Mieter zu einem berechtigten Besitzer der Mietwohnung im Sinne des § 986 Absatz 2 BGB. Er darf bestimmen, ob er dem Eigentümer Zutritt zu der Mietwohnung gewähren möchte oder nicht. Der Vermieter kann somit kein gesetzliches Zutrittsrecht aus seiner Stellung als Eigentümer herleiten nach § 985 BGB.


Ausgangslage                    Zutritt beim einsamen Tod des Mieters 




Rechtsanwalt Andreas Alexa



info@rechtsanwalt-alexa.de



Köln:


Tel.: 0221 / 986 568 58


Fax: 0221 / 986 568 59



Rommerskirchen


Tel.: 02183 / 41 86 177


Fax: 02183 / 41 86 178



Sprechzeiten: 


Mo-Fr


09.00 Uhr - 12.00 Uhr


14.00 Uhr - 18.00 Uhr